Die Bewertung von Immobilien erfolgt in Deutschland in der Regel durch standardisierte Verfahren, die in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) festgelegt sind. Diese Methoden helfen, den Verkehrswert (Marktwert) einer Immobilie objektiv und nachvollziehbar zu ermitteln. Im Folgenden werden die gängigsten Bewertungsverfahren vorgestellt: das Vergleichswertverfahren, das Residualwertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren.
Vergleichswertverfahren
Wie funktioniert das Vergleichswertverfahren?
Das Vergleichswertverfahren basiert auf dem Prinzip, den Wert einer Immobilie durch den Vergleich mit ähnlichen, kürzlich verkauften Objekten zu ermitteln. Dabei werden vor allem die Preise von Immobilien herangezogen, die in Lage, Größe, Ausstattung und Zustand mit der zu bewertenden Immobilie vergleichbar sind. Die relevanten Vergleichspreise werden aus der Kaufpreissammlung der Gutachterausschüsse entnommen.
Der Wert der Immobilie wird durch Anpassung dieser Vergleichswerte ermittelt, wobei Unterschiede in Lage, Größe, Ausstattung und Zustand berücksichtigt werden. Die Methode ist besonders effektiv, wenn ausreichend Vergleichsdaten verfügbar sind.
Wann ist dieses Verfahren besonders geeignet?
Das Vergleichswertverfahren ist besonders geeignet für:
Wohnimmobilien: Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und Eigentumswohnungen, bei denen es eine hohe Anzahl vergleichbarer Verkäufe gibt.
Homogene Märkte: Märkte, in denen standardisierte Immobilienangebote vorherrschen, wie Neubaugebiete oder Wohnsiedlungen.
Aktive Märkte: Regionen mit vielen Transaktionen, die genügend Vergleichsdaten liefern, um eine präzise Bewertung zu ermöglichen.
Residualwertverfahren (Bauträgerkalkulation)
Was ist das Residualwertverfahren und wann wird es angewendet?
Das Residualwertverfahren, auch bekannt als Bauträgerkalkulation, ist eine Methode zur Bewertung von Immobilien, die sich im Planungs- oder Entwicklungsstadium befinden. Es wird hauptsächlich von Bauträgern verwendet, um den maximalen Betrag zu bestimmen, der für ein Grundstück ausgegeben werden kann, während das Projekt wirtschaftlich bleibt.
Das Verfahren beginnt mit der Ermittlung des potenziellen Verkaufspreises der fertiggestellten Immobilie. Davon werden die geschätzten Baukosten, die Entwicklungs- und Finanzierungskosten sowie eine angemessene Gewinnmarge abgezogen. Der verbleibende Betrag, der Residualwert, stellt den maximalen Kaufpreis für das Grundstück dar.
Welche Vorteile bietet es für Bauträger?
Das Residualwertverfahren bietet Bauträgern mehrere Vorteile:
Wirtschaftliche Machbarkeit: Es ermöglicht die Einschätzung, ob ein Projekt unter den gegebenen Marktbedingungen rentabel ist.
Investitionsentscheidungen: Bauträger können fundierte Entscheidungen über den Kauf von Grundstücken treffen, indem sie den maximal möglichen Preis ermitteln.
Flexibilität: Das Verfahren erlaubt Anpassungen an veränderte Marktbedingungen oder Baukosten, was besonders bei größeren Entwicklungsprojekten wichtig ist.
Ertragswertverfahren
Wie wird das Ertragswertverfahren angewendet?
Das Ertragswertverfahren wird verwendet, um den Wert von Immobilien zu ermitteln, die regelmäßige Erträge generieren, wie Miet- oder Gewerbeimmobilien. Der Wert wird auf der Grundlage der nachhaltig erzielbaren Erträge (Nettoeinnahmen) berechnet.
Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten:
Ermittlung der Bruttoeinnahmen: Alle potenziellen Mieteinnahmen der Immobilie werden berücksichtigt.
Abzug von Betriebskosten: Von den Bruttoeinnahmen werden alle laufenden Betriebskosten abgezogen, um die Nettoeinnahmen zu ermitteln.
Kapitalisierung der Nettoeinnahmen: Die Nettoeinnahmen werden mit einem Kapitalisierungszinssatz (Verzinsungsfaktor) multipliziert, der das Risiko und die Renditeerwartungen widerspiegelt. Dies ergibt den Ertragswert der Immobilie.
Für welche Arten von Immobilien ist es geeignet?
Das Ertragswertverfahren ist besonders geeignet für:
Mietwohnungen: Mehrfamilienhäuser, in denen die Mieteinnahmen die primäre Einkommensquelle darstellen.
Gewerbeimmobilien: Bürogebäude, Einzelhandelsflächen und andere gewerblich genutzte Immobilien, die regelmäßig Einnahmen generieren.
Anlageimmobilien: Immobilien, die als Kapitalanlage gehalten werden, mit dem Ziel, langfristig stabile Erträge zu erzielen.
Sachwertverfahren
Was ist das Sachwertverfahren und wie funktioniert es?
Das Sachwertverfahren bewertet eine Immobilie auf der Grundlage ihrer Herstellungskosten, abzüglich Wertminderungen durch Alter und Abnutzung. Es wird häufig bei eigengenutzten Immobilien angewendet, für die es keine oder nur wenige Vergleichsobjekte gibt.
Das Verfahren umfasst folgende Schritte:
Ermittlung der Herstellungskosten: Berechnung der Kosten, die anfallen würden, um die Immobilie in ihrem aktuellen Zustand neu zu errichten, einschließlich Baukosten und Baunebenkosten.
Abzug der Alterswertminderung: Ermittlung der Wertminderung aufgrund von Alter und Abnutzung der Immobilie.
Bodenwert hinzuaddieren: Der Bodenwert des Grundstücks wird dem Sachwert der baulichen Anlagen hinzugefügt, um den gesamten Sachwert zu bestimmen.
Wann ist das Sachwertverfahren besonders sinnvoll?
Das Sachwertverfahren ist besonders sinnvoll für:
Eigengenutzte Immobilien: Einfamilienhäuser oder Villen, die individuell genutzt werden und für die keine Miet- oder Vergleichswerte vorliegen.
Spezialimmobilien: Immobilien mit besonderen Nutzungsarten, wie Kirchen, Schulen oder Krankenhäuser, für die es keine vergleichbaren Marktdaten gibt.
Geringe Markttransparenz: Regionen oder Märkte, in denen wenige oder keine Vergleichsdaten zur Verfügung stehen.