Alles rund um das Thema Bodenrichtwert
Wer ein Grundstück kaufen oder verkaufen möchte, fragt sich in der Regel als erstes, was dieses wert sein könnte. Aber auch bei einer Schenkung, im Erbfall, bei Scheidung und für die Besteuerung muss in der Regel der Grundstückswert ermittelt werden. Für diese Wertermittlung kann der sogenannte Bodenrichtwert einen guten Anhaltspunkt liefern.
Der Bodenrichtwert basiert auf regionalen Kaufpreisen und ist ein Durchschnittswert der Grundstückspreise einer Gemeinde, eines Gebiets, Stadtteils oder einer Straße. Die Gemeinden erfassen die Kaufpreise der Grundstückstransaktionen eines bestimmten Zeitraums, der sich je nach Bundesland unterscheiden kann. Der Bodenrichtwert gilt dabei immer nur für unbebaute Grundstücke. Die Bodenrichtwerte dienen somit der Transparenz des Grundstücksmarkts und erleichtern die Wertermittlung des reinen Bodenwertes eines Grundstücks.
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist der Bodenrichtwert?
2. Wie werden die Bodenrichtwerte festgelegt?
3. Wo werden die Bodenrichtwerte veröffentlicht?
4. Wie kann ich den Wert eines Grundstücks mit dem Bodenrichtwert ermitteln?
Gemäß § 196 Baugesetzbuch (BauGB) handelt es sich beim Bodenrichtwert um den durchschnittlichen Lagewert des Bodens innerhalb eines abgegrenzten Gebiets, in dem Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen (Bodenrichtwertzone). Dabei ist der Bodenrichtwert immer bezogen auf den Quadratmeter Grundstücksfläche eines Grundstücks mit den dargestellten Grundstücksmerkmalen (Bodenrichtwertgrundstück). Der Bodenrichtwert enthält keine Wertanteile für Gebäude, bauliche und sonstige Anlagen. In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Die Werte unterliegen insgesamt nur einer langsamen Veränderung, beispielsweise durch eine steigende Anzahl von regionalen Bauvorhaben über die Jahre hinweg.
Für die Berechnung von Bodenrichtwerten für land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen gelten die gleichen Grundsätze. Bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken beziehen sich die Bodenrichtwerte im Allgemeinen auf Flächen von ca. 2 Hektar (ha) Größe mit regelmäßiger Form in normalem Kulturzustand. Bei Bodenrichtwerten für forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke ist der Bestand nicht enthalten.
Bodenrichtwerte können auch für sonstige Flächen, die nicht dem Bauland oder den land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen zuzuordnen sind, beschlossen werden. Hierzu zählen z. B. Kleingärten, Lagerflächen, Gemeinbedarfsflächen oder Abbauland.
Laut Baugesetzbuch (BauGB) haben die zuständigen Gutachterausschüsse für Grundstückswerte die Aufgabe, statistische Daten über die Kaufpreise von Grundstücken zu sammeln und spätestens alle zwei Jahre flächendeckend Lagewerte für den Boden zu ermitteln (Bodenrichtwerte). Alle Notare sind daher gesetzlich verpflichtet, eine Abschrift von jedem beurkundeten Grundstückskaufvertrag an den jeweils zuständigen Gutachterausschuss zu übersenden. Die historischen Kaufpreise werden dort in einer sogenannten Kaufpreissammlung gespeichert. Damit besitzen die Gutachterausschüsse die umfangreichste Datenbank an tatsächlichen Kaufpreisen in Deutschland.
Aus einer solchen Kaufpreissammlung wird dann eine sogenannte Bodenrichtwertkarte oder eine Bodenrichtwerttabelle erstellt, die den Bodenrichtwert in den verschiedenen Bodenrichtwertzonen wiederspiegeln. Diese Zonen können Straßen, Straßenzüge oder ganze Stadtteile oder Ortschaften umfassen. Bei der Bodenrichtwertermittlung müssen unterschiedlichen Entwicklungszustände, also zum Beispiel Erschließungsgrad, Lage oder Bebauungsmöglichkeit, berücksichtigt werden. Es sind außerdem nur solche Kaufpreise zu berücksichtigen, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse erzielt wurden.
Jedermann kann von den Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse Auskunft über die Bodenrichtwerte verlangen. In der Regel werden die Bodenrichtwerte über eine Bodenrichtwertkarte oder eine Bodenrichtwerttabelle zur Verfügung gestellt. Daraus kann der Bodenrichtwert dann abgelesen werden.
Mittlerweile bieten alle Länder den Abruf von Bodenrichtwertkarten online über das Internet bzw. das Bodenrichtwertinformationssystem (kurz: BORIS) an. Neben der Veröffentlichung via Internet-Dienst sind die Mitarbeiter der Geschäftsstellen behilflich. Schriftliche Auskünfte über Bodenrichtwerte sind dabei kostenpflichtig.
Beim Online-Abruf der Bodenrichtwerte über das Bodenrichtwertinformationssystem (BORIS) des jeweiligen Bundeslandes kann das Grundstück durch die Eingabe von
Ortsnamen,
Gemeinde/Stadt mit Straße und Hausnummer,
Flurstückskennzeichen oder
durch eine Kartensuche
ausgewählt werden. Der Bodenrichtwert wird auf einer Kartengrafik angezeigt. Auszüge im Format DIN A4 sind möglich. Die Anmeldung zur Nutzung dieses Dienstes erfolgt online und ist für die meisten Bundesländer kostenlos.
Grafik: Beispiel Bodenrichtwertkarte BORIS Berlin
Über die Links in der folgenden Liste, gelangen Sie direkt zum Online-Zugang bzw. BORIS der einzelnen Bundesländer:
Bodenrichtwerte Bayern (kostenpflichtig)
Bodenrichtwerte Bremen (kostenpflichtig)
BORIS-D ist ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Bundesländer, über welches die Bodenrichtwerte länderübergreifend einheitlich, webbasiert und leicht zugänglich für die breite Öffentlichkeit bereitgestellt werden. Die Anwendung wird zusätzlich zu den amtlichen Auskunftsportalen der Bundesländer betrieben und ist kostenlos.
An BORIS-D sind zur Zeit die Bundesländer Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen beteiligt. Die Bundesländer Baden-Württemberg und Saarland haben ihre Beteiligung in Aussicht gestellt.
Um den Wert von Grund und Boden zu ermitteln sollte in erster Linie das Vergleichswertverfahren angewendet werden. Dabei schaut man, zu welchem Quadratmeterpreis ähnliche Grundstücke in der Nähe verkauft wurden. Dies kann in der Praxis nicht ganz einfach sein, da es unbebaute Grundstücke meist nur in Neubaugebieten gibt und sie in Innenstädten selten sind. Nur vereinzelt gibt es Baulücken.
Kann in dem Fall das Vergleichswertverfahren nicht angewendet werden, kommt es in der Regel zur Wertermittlung über den Bodenrichtwert. Die Berechnung über den Bodenrichtwert kann dabei auch der einfachste Weg sein. Der Bodenrichtwert ist allerdings wirklich nur das, was der Name besagt: ein Richtwert.
Video: Stephanie Schäfer - Wie ermittelt man den Bodenwert für ein Baugrundstück?
Der Bodenrichtwert bezieht sich immer auf ein Grundstück mit den angegebenen Merkmalen (Richtwertgrundstück). Weicht das zu bewertende Grundstück von den Eigenschaften in der Richtwertzone ab, zum Beispiel bessere Lage oder geringere mögliche Ausnutzung des Grundstücks, so muss dies berücksichtigt werden. Der Bodenrichtwert ist kein Verkehrswert und hat keine bindende Wirkung.
Auf der Bodenrichtwertkarte ermitteln Sie den Standort des Grundstücks und damit die zugehörige Bodenrichtwertzone. Aus der Bodenrichtwertzone können Sie nun den Bodenrichtwert ablesen.
Grafik: Beispiel Bodenrichtwert von Bodenrichtwertkarte ablesen
Weil das zu bewertende Grundstück eigentlich immer von den Merkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks abweicht, kann der Bodenrichtwert nicht einfach übernommen werden. Die individuellen Merkmale des Grundstücks sollten durch Zu- oder Abschläge auf den Bodenrichtwert berücksichtigt werden.
Wichtige Faktoren können zum Beispiel sein:
Grad der Erschließung
Größe, Zuschnitt und Sonnenausrichtung des Grundstücks
Verkehrslage um das Grundstück
Hanglage
Zulässige Bebauung (Geschossflächenzahl und Grundflächenzahl)
Vorhandene Bebauung und Bepflanzung
Altlasten
Vom Gutachterausschuss werden teilweise Umrechnungsfaktoren für eine andere Grundstücksgröße oder eine andere Ausnutzung veröffentlicht. Diese finden sich im Grundstücksmarktbericht, den man käuflich beim Gutachterausschuss erwerben kann.
Hat man den Bodenrichtwert von einer Bodenrichtwertkarte ermittelt, so kann man nun den Bodenwert berechnen. Dazu multipliziert man einfach den angepassten Bodenrichtwert mit der Grundstücksfläche:
Bodenwert = Bodenrichtwert x Grundstücksfläche
Auch hier gilt: Der so berechnete Bodenwert kann ein guter Anhaltspunkt sein, ersetzt aber in der Praxis nicht die Wertermittlung durch einen erfahrenen Experten wie z.B. durch einen Immobiliensachverständigen oder einen Immobilienmakler.
Zum einen sind Bodenrichtwerte Aussagen über die Vergangenheit - je nach Marktsituation kann das Grundstück inzwischen mehr oder weniger Wert sein. Zum anderen gilt der Bodenrichtwert immer nur für Grundstücke mit bestimmten Eigenschaften. Für individuelle Abweichungen kann man zwar Zu- oder Abschläge auf den Bodenrichtwert berechnen - die ganzen Anpassungen müssen allerdings richtig angewendet werden, damit sie zum wahren Wert führen. Bei falscher Anwendung können Sie sich potenzieren. Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass sich der tatsächlich am Markt zu erzielende Preis (Verkehrswert) in der Praxis um bis zu 20 Prozent vom Bodenrichtwert unterscheidet.